Wissenswertes zum Arbeitsrecht


Allgemeines zum Arbeitsrecht

Mit der nachfolgenden Darstellung können Sie sich schnell einen Überblick über die wesentlichen Grundlagen des Arbeitsrechts verschaffen.

Das Arbeitsrecht läßt sich in zwei Teilgebiete aufteilen, dem Individualarbeitsrecht und dem Kollektivabrecht.

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A. Das Individualarbeitsrecht

Gegenstand des Individualarbeitsrecht sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeber, insbesondere das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses, die Pflichten der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

 


1. Begriff des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer ist, wer nicht selbständig, sondern fremdbestimmt arbeitet. Hierbei kommt es insbesondere auf folgende drei Kriterien an:

a. Umfang der Weisungsgebundenheit
b. Eingliederung in den Betrieb
c. Dauer und Lage der Arbeitszeit

Beamte, Richter und Soldaten stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und sind daher keine Arbeitnehmer. Strafgefangene und Insassen einer geschlossenen Anstalt unterliegen einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis und sind ebenfalls keine Arbeitnehmer. Familienangehörige, die aufgrund familienrechtlicher Pflichten tätig sind, sind auch nicht als Arbeitnehmer einzustufen.

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2. Begriff des Arbeitgebers

Arbeitgeber ist, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt.

Es ist bei der Organisation des Arbeitgebers zwischen Betrieb, Unternehmen und Konzern zu unterscheiden.


a. Betrieb

Der Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher oder immaterieller Mittel einen arbeitstechnischen Zweck fortgsetzt verfolgt.


b. Unternehmen

Unternehmen ist die organisatorische Einheit, mit welcher der Unternehmer seine wirtschaftlichen oder ideellen Zwecke verfolgt. Zu einem Unternehmen können ein oder auch mehrere Betriebe gehören. Ein Betrieb wiederum kann auch von mehreren Unternehmen betrieben werden.


c. Konzern

Konzern ist der Zusammenschluß mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit unter einer Gesamtgeschäftsleitung.

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3. Das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses

Der dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende Arbeitsvertrag ist ein Unterfall des Dienstvertrages. Daher gelten auch für den Arbeitsvertrag die Regelungen des Allgemeinen Teils des BGB sowie die allgemeinen Vorschriften zum Schuldrecht. So bedarf es z. B. zum Abschluß eines Vertrages eines Angebots und dessen Annahme. Liegt ein Irrtum oder eine Täuschung bei einer der Vertragsparteien vor, so kann diese ihre Erklärung anfechten. Unzulässige Fragen des Arbeitgebers darf der Arbeitnehmer jedoch falsch beantworten, so daß sich hieraus keine arglistige Täuschung herleiten läßt.

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4. Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis

Die Pflichten der Vertragsparteien ergeben sich aus dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag, den Gesetzen sowie ggf. geltenden Tarifverträgen. Gesetze und Tarifverträge regeln ferner die Grenzen der zu erbringenden Pflichten.

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a. Pflichten des Arbeitnehmers

Hauptpflicht des Arbeitnehmers ist die persönliche Erbringung der mit dem Arbeitgeber vereinbarten Dienste. Im Einzelfall kann es dabei zwischen Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Streit über die Art der Arbeit (andere Tätigkeit als die ursprünglich vereinbarte) oder aber auch den zugewiesenen Arbeitsort (weit entfernter Betriebsteil) kommen.

Ferner hat der Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Treuepflicht alles zu unterlassen, was den Interessen seines Arbeitgebers schadet. Der Arbeitnehmer hat sich gegenüber dem Arbeitgeber loyal zu verhalten. Er ist hinsichtlich ihm bekannt gewordener betrieblicher Interna zur Verschwiegenheit verpflichtet und er darf kein Schmiergeld annehmen. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht oder das Schmiergeldverbot können neben der Kündigung und der Geltendmachung von Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers auch strafrechtliche Ahndung nach sich ziehen.

Im Krankheitsfall ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen, § 5 Abs. 1 Satz 1 Entgteltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen, § 5 Abs. 1 Satz 2 EntgFG. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen, § 5 Abs. 1 Satz 3 EntgFG. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen, § 5 Abs. 1 Satz 4 EntgFG.

Verletzt der Arbeitnehmer seine Pflichten und führt dies zu einem Schaden auf Seiten des Arbeitgebers, bestimmt sich die Haftung des Arbeitnehmers nach dem Grad seines Verschuldens:

  • hat sich der Arbeitnehmer leicht fahrlässig verhalten, so haftet er gegenüber dem Arbeitgeber gar nicht
  • ist das Verschulden des Arbeitnehmers als mittlere Fahrlässigkeit einzustufen, ist der Schaden vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber anteilig zu tragen, wobei die Höhe des jeweiligen Anteils sich nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt
  • bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz hat der Arbeitnehmer in der Regel für den gesamten Schaden selbst aufzukommen. Der Haftungsumfang bei grober Fahrlässigkeit kann jedoch im Falle sogenannter gefahrgeneigter Arbeit gegenüber dem Arbeitgeber eingeschränkt werden, wenn zwischen dem Bruttoverdienst des Arbeitnehmers und dem Schadensrisiko seiner Tätigkeit ein deutliches Mißverhältnis besteht. Eine solche Haftungsbeschränkung besteht jedoch nicht gegenüber Dritten, die durch das Tun des Arbeitnehmers geschädigt worden.

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b. Pflichten des Arbeitgebers

Hauptpflicht des Arbeitgebers ist die Zahlung der vereinbarten Vergütung (Lohn/Gehalt), § 611 Abs. 1 BGB. Hierüber hat er dem Arbeitnehmer eine detaillierte Gehaltsabrechnung zu erteilen, § 108 Abs. 1 GewO; es sei denn, seit der letzten ordnungsgemässen Gehaltsabrechnung sind keine Änderungen eingetreten, § 108 Abs. Abs. 2 GewO.

Der Arbeitgeber ist zur An- und Abmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung verpflichtet, § 28a Abs. 1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV). Auch gehört zu seinen Pflichten die Einbehaltung der und Abführung der auf den Arbeitnehmer entfallenden Sozialversicherungsbeiträge, §§ 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV .

Das Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber, im Krankheitsfall des Arbeitnehmers für einen Zeitraum von höchstens sechs Wochen die diesem zustehende Vergütung an diesen weiterhin zu zahlen (Lohnfortzahlung), § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 EntfFG.

Der Arbeitgeber hat Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften in seinem Betrieb so einzurichten und zu unterhalten, daß die Arbeitnehmer gegen Gefahren geschützt sind, §§ 3a Abs. 1 Satz 1, 4 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Er ist ferner verpflichtet, dafür zu sorgen, daß Sicherheitsvorkehrungen und Unfallverhütungsvorschriften von den Arbeitnehmern beachtet werden, § 12 ArbSchG.

Dem Arbeitgeber ist es verboten, Beschäftigte aus sachfremden Gründen willkürlich zu benachteiligen,§ 7 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Den Arbeitnehmern ist vom Arbeitgeber bezahlter Urlaub zu gewähren, § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Die mindestens zu gewährende Jahresurlaubszeit beträgt bei einer 6-Tage-Woche 24 Werktage, § 3 Abs. 1 BUrlG. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, § 3 Abs. 2 BUrlG.

Der volle Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht erstmals nach Ablauf von sechs Monaten seit Beginn des Arbeitsverhältnissesm § 4 BUrlG.

Für jugendliche Arbeitnehmer umfasst der Urlaub jährlich, § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG),

1.
mindestens 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 16 Jahre alt ist,
2.
mindestens 27 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 17 Jahre alt ist,
3.
mindestens 25 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 18 Jahre alt ist.

Kann dem Arbeitnehmer der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er vom Arbeitgeber durch Geldzahlung abzugelten, § 7 Abs. 4 BUrlG. Von dieser gesetzlichen Regelung kann nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG.

Die Berechnung erfolgt gemäß der Berechnung des Urlaubsentgeltes (dem Entgelt, dass der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer während des Urlaub zu zahlen hat). Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes, § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Auch von dieser gesetzlichen Regelung kann nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG.

Als Formel der pro nicht gewährtem Urlaubstag zu zahlenden Abgeltung gilt bei einer 5-Tage-Woche

durchschnittlicher Arbeitsverdienst der letzten dreizehn Wochen

Abgeltung pro Tag =            ———————————————————————————————–

65

Bei einer 6-Tage-Woche ist die Zahl 65 durch die Zahl 78 zu ersetzen.

Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, § 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen, § 4 Abs. 1 EntgFG. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses, § 3 Abs. 4 EntgFG.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, solange der Arbeitnehmer schuldhaft die von ihm nach ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt oder schuldhaft den Übergang eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Dritten auf den Arbeitgeber verhindert, § 7 EntgFG.

Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit kündigt, § 8 Abs. 1 Satz 1 EntgFG. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grunde kündigt, der den Arbeitnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt, § 8 Abs. 1 Satz 2 EntgFG.

Der Arbeitgeber hat einem ausscheidenden Arbeitnehmer auf dessen Wunsch ein schriftliches Zeugnis zu erteilen, § 109 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO). Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten, § 109 Abs. 1 Satz 2 GewO. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken, § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO.

Ein vollständiges qualifiziertes Arbeitzeugnis sollte enthalten

1. Einleitung
2. Aufgabenbeschreibung
3. Leistungsbeurteilung
4. Beurteilung des Sozialverhaltens
5. Beendigungsformel
6. Dankes- und Bedauernsformel
7. Zukunftswünsche

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5. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auf verschiedene Weise möglich.

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a. Beendigung von befristeten Arbeitsverhältnissen

Haben die Vertragsparteien wirksam vereinbart, daß das Arbeitsverhältnis nur bis zu zu einem bestimmten Datum bestehen soll, so endet es mit Ablauf dieses Datums, ohne daß es noch einer weiteren Handlung durch eine der Parteien bedarf.


b. Beendigung von unbefristeten Arbeitsverhältnissen

Wurde das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, ist seine Beendigung durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung sowie durch Aufhebungsvertrag möglich.


aa. Die ordentliche Kündigung

Die ordentliche Kündigung muß zu ihrer Wirksamkeit folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Bei einer durch den Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung ist im Falle eines bestehenden Betriebsrat dieser vorher anzuhören, § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
  • Die Kündigungserklärung hat schriftlich zu erfolgen; die elektronische Form ist ausgeschlossen, § 623 BGB.
  • Die Kündigung muß der anderen Vertragspartei zugegangen sein.
  • Der Kündigungswille muß der Erklärung klar zu entnehmen sein.
  • Die Kündigung muß unter Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist erfolgen.
  • Besteht das Arbeitsverhältnis des betroffenen Mitarbeiters seit mehr als sechs Monaten, darf die Kündigung nicht sozial ungerechtfertigt sein, § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) (gilt nur für Betriebe mit regelmäßig mehr als fünf Mitarbeitern, § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG).

Hält der betroffene Arbeitnehmer die Kündigung für sozial ungerechtfertigt und will sich gegen die Kündigung wehren, so kann er bei Bestehen eines Betriebsrates binnen einer Woche nach der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen (§ 3 Satz 1 KSchG)) und muß binnen einer Frist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben, § 4 Satz 1 KSchG.

Während einer vereinbarten Probezeit, die längstens für die Dauer von sechs Monaten vereinbart werden kann, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden, § 622 Abs. 3 BGB.

Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden, § 622 Abs. 1 BGB. Diese Frist gilt allerdings nur für eine Kündigung seitens des Arbeitnehmers. Will hingegen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen, so beträgt gemäss § 622 Abs. 2 BGB die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

  • zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
  • fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats zum Ende eines Kalendermonats,
  • acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats zum Ende eines Kalendermonats,
  • zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • fünfzehn Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • zwanzig Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden, § 622 Abs. 5 BGB,

  1. wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
  2. wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.

Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber, § 622 Abs. 6 BGB.

Von den in § 622 Abs. 1 bis 3 BGB genannten Kündigungsfristen kann durch Tarifvertrag abgewichen werden, § 622 Abs. 4 Satz 1 BGB. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist, § 622 Abs. 4 Satz 2 BGB.

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bb. Die betriebsbedingte Kündigung

Die betriebsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der ordentlichen Kündigung – d. h. es gelten grundsätzlich die tarifvertraglichen/gesetzlichen Kündigungsfristen – von Arbeitsverhältnissen, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen.

Für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung bedarf es dringender betriebliche Erfordernisse, aufgrund derer der Arbeitgeber nach vernünftiger betriebswirtschaftlicher Betrachtung und/oder einem ernsthaften, bereits greifbare Formen annehmenden unternehmerischen Entschluss einen oder mehrere Arbeitnehmer zum Kündigungszeitpunkt weder auf dessen bisheriger Arbeitsposition noch auf einem anderen vergleichbaren freien Arbeitsplatz beschäftigen kann. Der Arbeitgeber muss eine Sozialauswahl nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 KSchG getroffen und bei Bestehen eines Betriebsrates diesen vorher angehört haben, § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.

Gründe für den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit können z. B. sein:

  • Umstruktuierung des Betriebs aufgrund unternehmerischer Entscheidung mit Wegfall der Abteilung des/der betroffenen Arbeitnehmer(s)
  • dauerhafter Auftragsrückgang (z. B. durch Verlust eines wichtigen Auftraggebers)
  • Sitlllegung eines Betriebsteils
  • Schließung des Unternehmen


cc. Die personenbedingte Kündigung

Die personenbedingte Kündigung ist ein Unterfall der ordentlichen Kündigung – d. h. es gelten grundsätzlich die tarifvertraglichen/gesetzlichen Kündigungsfristen – von Arbeitsverhältnissen, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen.

Eine personenbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr erfüllen kann und eine anderweitige Beschäftsmöglichkeit im Betrieb oder Unternehmen nicht vorhanden ist. Der Arbeitgeber muss bei Bestehen eines Betriebsrates diesen vorher angehört haben, § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.

Gründe für eine personenbedingte Kündigung können z. B. sein:

  • lang andauernde Krankheit mit negativer Gesundheitsprognose und hierdurch erhebliche Belastungen wirtschaftliche Belastungen des Arbeitgebers
  • Verlust der Approbation oder sonstiger Zulassungsvoraussetzung
  • Verlust des Führerscheins (wenn Voraussetzung für Ausübung der Tätigkeit)
  • Verlust oder nicht mehr den beruflichen Anforderungen genügende berufliche Qualifikation


dd. Die verhaltensbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer in erheblicher Weise rechtswidrig und schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat und ein milderes Mittel als die Kündigung (insbesondere eine Abmahnung) als Sanktion dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist. Der Arbeitgeber muss bei Bestehen eines Betriebsrates diesen vorher angehört haben, § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.

Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung können z. B. sein:

  • vorsätzliche Begehung von Straftaten (Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung von Arbeitgeber oder Kollegen, Unterschlagung oder Diebstahl von Firmeneigentum) durch den Arbeitnehmer
  • unterlassene Übersendung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei vorheriger Krankmeldung
  • trotz Abmahnung wiederholt verspätete Übersendung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
  • Alkoholkonsum am Arbeitsplatz
  • trotz Abmahnung wiederholtes Zuspätkommen
  • trotz Abmahnung wiederholter Verstoss gegen betriebliches Verbot, privat im Internet zu surfen, zu telefonieren, oder E-Mails zu schreiben

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ee. Die Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kündigt und ihm in diesem Zusammenhang gleichzeitig anbietet, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Es geht dem Arbeitgeber mithin in erster Linie darum, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten; nur wenn dieser die geänderten Bedingungen nicht akzeptiert, will sich der Arbeitgeber von ihm lösen.

Die Änderungskündigung besteht aus zwei Teilen: der – ordentlichen oder außerordentlichen – Kündigung und dem Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Für die Wirksamkeit der Kündigung gilt das oben zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung gesagte.

Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot an, kommt das Arbeitsvertrag zu den geänderten Bedingungen zustande; die ausgesprochene Kündigung wird gegenstandslos. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ab, endet das Arbeitsverhältnis, sofern die Kündigung wirksam ist bzw. der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage einreicht. Als dritte Möglichkeit kann der Arbeitnehmer das Änderungsangebot innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Stellt sich im Rahnmen des sodann zu führenden Kündigungsschutzprozesses heraus, daß die Änderung sozial ungerechtfertigt war, besteht das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fort.

Die Änderungskündigung ist wirksam, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist (also nicht erst dann, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt ist). Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt, wenn beachtenswerte Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen vorliegen. Die Gründe können in der Person des Arbeitnehmers liegen, z. B., wenn er die an seinem bisherigen Arbeitsplatz zu erbringende Leistung nicht mehr erbringen kann oder auf Dauer sein Führerschein entzogen wurde, er jedoch für einen anderen Arbeitsplatz geeignet ist. Die Gründe können im Verhalten des Arbeitsnehmers ihre Ursache haben, z. B. wenn es zu hauptsächlich von ihm zu verantwortenden Spannungen mit anderen Arbeitnehmern kommt. Hauptgrund für eine Änderungskündigung sind jedoch betriebsbedingte Änderungen der Arbeitsbedingungen, die nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterfallen (z. B. Wegfall des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers durch Umstrukturierung seines Arbeitsbereichs). Schließlich ist für die Wirksamkeit der Änderungskündigung erforderlich, daß die vom Arbeitgeber angebotenen Änderungskonditionen dem Arbeitnehmer billigerweise zuzumuten sind.

Betrifft die Änderungskündigung nicht alle Arbeitnehmer, ist eine Sozialauswahl vorzunehmen.

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ff. Der Aufhebungsvertrag

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit gibt den Vertragsparteien auch die Möglichkeit, einen zwischen ihnen geschlossenen unbefristeten Arbeitsvertrag durch Aufhebungsvertrag zu beenden. Für den Aufhebungsvertrag gelten die Regelungen des Allgemeinen Teils des BGB sowie die allgemeinen Vorschriften zum Schuldrecht. Liegt ein Irrtum oder eine Täuschung bei einer der Vertragsparteien vor, so kann diese ihre Erklärung anfechten. Gleiches gilt, wenn die Einverständniserklärung des Arbeitnehmers zu einer Aufhebungsvereinbarung ohne Abfindung durch eine Drohung des Arbeitgebers zustande kommt. Auch die gesetzlichen Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen finden bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Anwendung.

Der Arbeitgeber hat bei Abschluß eines Aufhebungsvertrages gegenüber dem Arbeitnehmer umfassende Aufklärungs- und Hinweispflichten, z.B.:

  • Verliert der Arbeitnehmer durch den Abschluß des Aufhebungsvertrag Pensionsansprüche, muß der Arbeitgeber ihn darauf aufmerksam machen.
  • Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer darauf aufmerksam zu machen, daß ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld nach sich zieht.
  • Der Arbeitgeber soll den Arbeitnehmer darüber informieren, daß er sich nach Abschluß der Aufhebungsvereinbarung unverzüglich arbeitssuchend zu melden hat.


gg. Die außerordentliche Kündigung

Die außerordentliche Kündigung bedarf zu Ihrer Wirksamkeit der Erfüllung folgender Voraussetzungen:

  • Bei einer durch den Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung ist im Falle eines bestehenden Betriebsrat dieser vorher anzuhören, § 102 BetrVG.
  • Die Kündigungserklärung hat schriftlich durch den Kündigenden oder einen hierzu bevollmächtigten Stellvertreter zu erfolgen, § 623 BGB.
  • Die Kündigung muß der anderen Vertragspartei zugegangen sein.
  • Der Kündigungswille muß der Erklärung klar zu entnehmen sein.
  • Es muß ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegen, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht, § 626 Abs. 1 BGB.
  • Die Kündigung muß innerhalb von zwei Wochen seit Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden, § 626 Abs. 2 BGB.

Unterfälle der außerordentlichen Kündigung bilden die in ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannte Verdachtskündigung (dringender Verdacht einer strafbaren Handlung oder sonstigen schwerwiegenden Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag, wodurch die Vertrauensbasis zerstört wurde) sowie die Druckkündigung (Arbeitskollegen oder andere Dritte, z. B. Betriebsrat oder auch Geschäftspartner, verlangen, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kündigt, und drohen mit Konsequenzen, wenn er ihrem Verlangen nicht nachkommt), die gerechtfertigt sein kann, wenn dem Arbeitgeber sonst schwere wirtschaftliche Nachteile drohen.

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B. Das Kollektivarbeitsrecht

Gegenstand des Kollektivarbeitsrecht sind die Rechtsbeziehungen einer ganzen Gruppe von Arbeitnehmern zu der jeweiligen Gruppe von Arbeitgebern, die rechtliche Gestaltung des Abschlusses von Tarifverträgen und die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer.

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1. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände – zwei Koalitionen

Die Interessenvertretung der Arbeitnehmer ist die Gewerkschaft, die der Arbeitgeber der Arbeitgeberverband. Beide Vereinigungen werden als Koalitionen bezeichnet. Kennzeichen einer Koalition sind

  • der freiwillige auf Dauer angelegte Zusammenschluß natürlicher oder juristischer Personen auf dem Gebiet des Privatrechts
  • in einer Vereinigung körperschaftlicher Struktur (Fortbestand der Vereinigung auch bei Mitgliederwechsel, Willensbildung durch Mehrheitsbeschluß möglich, Vereinsorgane durch Mitgliederversammlung gewählt)
  • entweder als Gewerkschaft oder als Arbeitgeberverband (keine Vermischung der Interessen)
  • die vom jeweiligen Gegner oder anderen Dritten – insbesondere wirtschaftlich – unabhängig ist
  • zum Zwecke der Wahrung und Verbesserung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
  • mit einer gewissen Durchsetzungsfähigkeit

Art. 9 Abs. 3 GG gewährt eine umfassende Koalitionsfreiheit. Es umfasst das Recht jedweder Personen, sich zu Koalitionen zusammenzuschließen oder einer Koalition beizutreten wie auch das Recht, nicht zu einer Koalition zu gehören oder aus ihr auszutreten. Art. 9 Abs.3 GG schützt auch die Koalitionen selbst, nämlich

  • ihre Entstehung
  • ihren Bestand
  • ihre Satzungsgewalt
  • ihre Betätigung

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2. Das Tarifvertragsrecht

 


a. Der Tarifvertrag – Rechtsnatur, Rechtsgrundlage, Vertragsparteien, Inhalt

Tarifverträge sind privatrechtliche Verträge, deren rechtliche Grundlagen im Tarifvertragsgesetz (TVG) geregelt sind. Tarifverträge regeln die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthalten Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können, § 1 Abs. 1 TVG. Im Vergleich zum Tarifvertrag ungünstigere Vereinbarungen in einem Arbeitsvertrag werden durch die Tarifbestimmungen während der Wirkungsdauer des Tarifvertrags ersetzt. Bestimmungen in einem Arbeitsvertrag, die für den Arbeitnehmer günstigere als die im Tarifvertrag festgelegten Bedingungen vorsehen, bleiben hingegen in der Regel bestehen.

Tarifverträge kommen durch Abgabe wirksamer Angebote und deren wirksame Annahme zustande. Sie bedürfen der Schriftform, § 1 Abs. 2 TVG. Vertragsparteien können sein ein Arbeitgeber oder ein Arbeitgeberverband auf der einen Seite und eine Gewerkschaft auf der anderen Seite, § 2 Abs. 1 TVG. Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben, § 2 Abs. 2 TVG. Spitzenorganisationen können selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluß von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört, § 2 Abs. 3 TVG.

Tarifverträge bestehen aus zwei Teilen: Der schuldrechtliche Teil regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien (der Koalitionen), der normative Teil regelt gesetzesgleich den Abschluß, Inhalt und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie ferner betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin führt ein Tarifregister, in dem alle Tarifverträge eingetragen werden, § 6 TVG. Diese können nach vorheriger Terminsabsprache mit dem für den betreffenden Wirtschaftszweig zuständigen Sachbearbeiter dort persönlich eingesehen werden.

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b. Der Tarifvertrag – Persönlicher, zeitlicher und räumlicher Geltungsbereich, Nachwirkung

Tarifverträge entfalten grundsätzlich nur für jene Personen unmittelbare und zwingende Wirkung, die tarifgebunden sind, § 3 Abs. 1 TVG. Dies sind bei Verbandstarifverträgen die Mitglieder der jeweiligen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sowie bei Firmentarifverträgen die Arbeitgeber, die einen solchen Vertrag mit einer Gewerkschaft abgeschlossen haben. Die Tarifgebundenheit beginnt bei Verbandstarifverträgen mit Beginn der Mitgliedschaft, bei Firmentarifverträgen mit Vertragsschluß. Die begonnene Tarifgebundenheit endet erst wieder mit dem Ende des Tarifvertrages, also nicht bereits mit dem Austritt aus der Gewerkschaft oder dem Arbeitgeberverband.

Der Tarifvertrag gilt hinsichtlich der Normen über den Abschluß, Inhalt und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nur für die Mitglieder der ihn abschließenden Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände bzw. der ihn abschließenden Arbeitgeber unmittelbar und zwingend, § 4 Abs. 1 TVG. Die Regelungen in dem Tarifvertrag zu den betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen gelten hingegen schon dann unmittelbar und zwingend für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wenn nur der Arbeitgeber tarifgebunden ist, § 3 Abs. 2 TVG.

Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet, § 3 Abs. 3 TVG

Vom Tarifvertrag abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten, § 4 Abs. 3 TVG. Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig, § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen, § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden, § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG.

Ist ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden, gilt er unmittelbar und zwingend auch für jene Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die nicht tarifgebunden sind, § 5 Abs. 4 TVG. Ferner sind durch das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) bestimmte, in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen enthaltene Regelungen auf ausländische Arbeitgeber und im Inland beschäftigte Arbeitnehmer erstreckt.

Fehlt es an einer Regelung über den Zeitpunkt, ab dem ein Tarifvertrag gelten soll, so ist dies kraft Gesetzes der Zeitpunkt, in dem er von allen Vertragsparteien unterzeichnet wurde. Allerdings können die Vertragsparteien auch – und werden dies in der Regel auch tun – den Zeitpunkt des Beginns des Tarifvetrages selbst bestimmen.Sie können auch bestimmen, daß der Tarifvertrag stufenweise in Kraft tritt, z. B. hinsichtlich der Regelung über die Höhe von Gehältern. Befristete Tarifverträge enden mit Ablauf der Befristung, unfristete Tarifververträge können durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet werden. Der normative Teil eines beendeten Tarifvertrages gilt für die vor seinem Ablauf bestehenden und ihm unterfallenden Arbeitsverhältnisse solange unmittelbar fort, bis er durch eine neue Abmachung ersetzt wird, § 4 Abs. 5 TVG.

Sofern durch den Tarifvertrag die Arbeitgeber eines Betriebes unterschiedlich behandelt werden sollen, bedarf es hierfür unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes eines sachlichen Grundes. Der räumliche Geltungsbereich wird in der Regel auch von den Tarifvertragsparteien festgelegt. Hierbei müssen die Vertragsparteien ihre geographische Tarifzuständigkeit beachten, außerhalb derer sie nicht tätig sein dürfen. Sie müssen ferner regeln, welche Gegebenheit maßgebend für die räumliche Geltung des Tarifvertrages sein soll.

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c. Der Tarifvertrag – Tarifkonkurrenz, Tarifpluralität

Man spricht von Tarifkonkurrenz, wenn ein Arbeitsverhältnis von den Bestimmungen mehrerer Tarifverträge erfaßt wird. Diese kann z. B. durch eine Mitgliedschaft des Arbeitgebers in mehreren Arbeitgeberverbänden entstehen oder dadurch, daß auf ein Arbeitsverhältnis neben dem bisherigen Tarifvertrag plötzlich auch ein für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrages Anwendung findet. Dann findet der Tarifvertrag Anwendung, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht. Daraus folgt:

  • Firmentarifvertrag gilt vor Verbandstarifvertrag
  • regionaler Tarifvertrag gilt vor überregionalem Tarifvertrag
  • fachspezifischer Tarifvertrag gilt vor fachübergreifendem Tarifvertrag

Von Tarifpluralität spricht man, wenn im selben Betrieb für den einen Arbeitnehmer Tarifvertrag A gelten soll und für seinen Kollegen Tarifvertrag B. Dies kann passieren, wenn der Arbeitgeber mit zwei Gewerkschaften Firmentarifverträge geschlossen hat. Nach der Rechtsprechung gilt auch hier, daß derjenige Tarifvertrag gelten soll, der dem Betrieb am nächsten steht oder – wenn nicht festzustellen ist, welcher Tarifvertrag dies ist – welcher Tarifvertrag die Mehrheit der Arbeitsverhältnisse im Betrieb erfaßt.

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d. Der Tarifvertrag – Tariflohnerhöhung: Anrechnung oder Aufstockung?

Durch den Tarifvertrag wird das Mindestgehalt eines Arbeitnehmers festgelegt. Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber bereits ein übertarifliches Gehalt, stellt sich die Frage, ob bei Erhöhung der tariflichen Leistungen auch das Gehalt dieses Arbeitnehmers um die Erhöhung aufgestockt wird oder ob die Erhöhung auf den übertariflichen Teil seines Gehalts angerechnet wird. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für die Beantwortung dieser Frage darauf an, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag vereinbart haben. Fehlt es an einer entsprechenden Vereinbarung, ist von einer Anrechnung auszugehen. Eine Regelung durch Tarifvertrag, daß bei einer Tariflohnerhöhung der übertarifliche Teil des Gehalts vom Tariflohn umfaßt wird (sog. Effektivgarantieklausel), ist gemäß Rechtsprechung ebenso unwirksam wie eine tarifvertragliche Regelung, durch die eine Aufstockung vereinbart werden soll. Durch solche Bestimmungen wäre das konkret zu zahlende Gehalt dem Tarifvertrag nicht mehr zu entnehmen. Ferner wird durch den Tarifvertrag nur das Mindestgehalt festgelegt, was gegen die Einbeziehung übertariflicher Leistungen spricht. Ebenso unwirksam ist die Vereinbarung einer Verrechnungsklausel durch Tarifvertrag, da hierdurch für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen verhindert würden.

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e. Der Tarifvertrag – Friedenspflicht, Durchführungspflicht

Aus der Funktion des Tarifvertrages zur Befriedung folgt die Friedenspflicht: Maßnahmen des Arbeitskampfes zur Änderung eines bestehenden Tarifvertrages sind unzulässig, und zwar auch, wenn dies im Tarifvertrag nicht ausdrücklich festgehalten ist.
Man unterscheidet zwischen der relativen Friedenspflicht, die Arbeitskämpfe zur Änderung des Tarifvertrages ausschließt, und der absoluten Friedenspflicht, die jeglichen Arbeitskampf verbietet. Letztere setzt eine ausdrückliche Vereinbarung im Tarifvertrag voraus.

Ferner sind die tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Durchführung des abgeschlossenen Tarifvertrages verpflichtet. Die Tarifvertragsparteien können voneinander verlangen, daß diese auf ihre Mitglieder dahingehend einwirken, daß der Tarifvertrag eingehalten wird. Verletzt das Mitglied eines Arbeitgeberverbandes die Regelungen eines Verbandstarifvertrages bei einer Vielzahl von Arbeitsverhältnissen, kann die Gewerkschaft sogar einen deliktischen Unterlassungsanspruch gegen diesen Arbeitgeber haben.

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3. Das Betriebsverfassungsrecht

Durch die Betriebsverfassung wird geregelt

  • die Organisation der gesetzlichen Arbeitnehmervertretung im Betrieb
  • die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretung
  • das Rechtsverhältnis der Arbeitnehmervertretung zum Arbeitgeber, zu den Arbeitnehmern und zu den Gewerkschaften

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a. Sachlicher und persönlicher Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)

Das BetrVG ist in der Regel anwendbar in Betrieben mit mindestens fünf ständigen – d. h. unbefristet oder für einen nicht unerheblichen Zeitraum beschäftigten – wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wahlbar sind. In Kleinstbetrieben mit weniger als fünf ständigen Arbeitnehmern oder weniger als drei wählbaren Arbeitnehmern kann mithin kein Betriebsrat gewählt werden. Betriebe, deren Träger dem öffentlichen Recht oder einer Religionsgemeinschaft zugehören, unterfallen nicht dem Betriebsverfassungsrecht. Für sogenannte Tendenzbetriebe (z. B. Zeitungsverlag) gilt § 118 BetrVG.

Arbeitnehmer ist jeder Arbeiter oder Angestellte, gleich, ob er im Betrieb oder außerhalb oder in Heim- oder Telearbeit beschäftigt wird. Auch Auszubildende gehören zum Kreis der Arbeitnehmer i. S. d. BetrVG. Zu den Arbeitnehmern i. S. d. BetrVG gehören auch jene Personen, die vorübergehend im Ausland tätig sind. Nicht zu den Arbeitnehmern zählen u. a. die Mitglieder der Organe, die eine juristische Person vertreten, Gesellschafter von einer oHG oder sonstige vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personengesamtheit, Ehegatte, Lebenspartner und Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben. Das BetrVG ist nicht anwendbar auf leitende Angestellte, sofern es nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

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b. Der Betriebsrat

Der Betriebsrat ist der gesetzliche Interessenvertreter der Arbeitnehmer eines Betriebs, die dem BetrVG unterfallen. Seine Aufgabe ist es z. B., auf die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer bestehenden Bestimmungen durch den Arbeitgeber hinzuwirken und Anregungen an den Arbeitgeber zu geben, die der Belegschaft und dem Betrieb dienlich sind, sowie die Eingliederung von Schwerbehinderten und die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern im Betrieb zu fördern.

Der Betriebsrat nimmt gegenüber dem Arbeitgeber nicht die Position einer Überwachungsinstanz ein. Vielmehr hat er seine Aufgaben in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber wahrzunehmen. In Unternehmen mit mehreren Betrieben, in denen Betriebsräte gewählt sind, ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten. In Konzernen kann ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. Hat ein Betrieb keinen Betriebsrat oder wird kein neuer Betriebsrat gewählt, wenn die Amtszeit des bisherigen Betriebsrats abläuft, hat dies zur Folge, daß die Anwendung fast aller Vorschriften des BetrVG entfällt.

Der Betriebsrat hat in vielen Fällen ein sog. Initiativrecht gegenüber dem Arbeitgeber. Macht er hiervon Gebrauch, muß sich der Arbeitgeber mit dem Vorschlag des Betriebsrates auseinandersetzen und mit diesem darüber beraten. Kommt es zu keiner Einigung, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen.

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aa. Zusammensetzung des Betriebsrates

Die Anzahl der Betriebsratsmitglieder hängt von der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer ab. So wird z. B. bei fünf bis zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern eine Person als Betriebsrat gewählt, bei 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern beträgt die Anzahl der Betriebsratsmitglieder drei und bei 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern fünf. Die vollständige Auflistung ist in § 9 BetrVG enthalten. Ab einer Anzahl von drei Betriebsratsmitgliedern muß der Betriebsrat sowohl aus Männer und Frauen bestehen.

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bb. Wahl des Betriebsrates

Die Wahl des Betriebsrates bestimmt sich nach den §§ 13 – 20 BetrVG in Verbindung mit der Wahlordnung. Besteht noch kein Betriebsrat, so ist zunächst auf einer Betriebsversammlung, zu der drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gesellschaft einladen können, ein Wahlvorstand zu wählen, der die Wahl des Betriebsrates einleitet und das Wahlergebnis feststellt. Kommt trotz Einladung keine Betriebsversammlung zustande oder wird dort kein Wahlvorstand gewählt, so wird auf Antrag von mindestens drei Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft ein Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht bestellt.

In Betrieben mit bis zu fünfzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ist ein vereinfachtes Wahlverfahren vorgeschrieben: In einer ersten Betriebsversammlung wird der Wahlvorstand gewählt. Eine Woche später wird auf einer zweiten Betriebsversammlung in geheimer und unmittelbarer Wahl der Betriebsrat gewählt. In Betrieben bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern können sich Arbeitgeber und Wahlvorstand auf das vereinfachte Wahlverfahren einigen. In Betrieben mit mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern bestimmt sich die Wahl des Betriebsrat nach den §§ 16 und 17 BetrVG in Verbindung mit den §§ 1 bis 27 der Wahlordnung.

Wurde bei der Wahl gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen, und hat sich dies auf das Wahlergebnis ausgewirkt, kann die Wahl des Betriebsrates innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Wochen, die mit dem Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses beginnt, beim Arbeitsgericht angefochten werden. Besonders schwerwiegende Mängel können zur Nichtigkeit der Wahl führen. Die Behinderung einer Wahl des Betriebsrats oder deren Beeinflussung durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder Gewährung oder das Versprechen von Vorteilen kann zu strafrechtlicher Verfolgung führen.

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cc. Amtszeit des Betriebsrates

Die Amtszeit des Betriebsrates beträgt vier Jahre. Sie beginnt mit dem Ende der Amtszeit des vorherigen Betriebsrates oder – bei Erstwahl eines Betriebsrates – mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Die Amtszeit endet spätestens am 31. Mai des Jahres, in dem die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden. Außerhalb dieser Zeit sind Betriebsratswahlen abzuhalten,

  • wenn 24 Monate nach der letzten Wahl die Zahl der regelmäßig Beschäftigten um mindestens fünfzig gestiegen oder gesunken ist oder
  • die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist oder
  • der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat oder
  • die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten worden ist oder
  • der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder
  • im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht.

Wird ein Betrieb aufgespalten, so endet die Identität des bisherigen Betriebs, und es entstehen neue Betriebe. Der bisherige Betriebsrat führt jedoch die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile als Übergangsmandat weiter, soweit sie nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem bereits ein Betriebsrat besteht. Das Übergangsmandat endet, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gegeben ist, spätestens aber sechs Monate nach Wirksamwerden der Spaltung. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann das Übergangsmandat um weitere sechs Monate verlängert werden.

Werden Betriebe oder Betriebsteile zu einem Betrieb zusammengefasst, so nimmt der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs oder Betriebsteils das Übergangsmandat wahr. Das Übergangsmandat kommt auch zustande, wenn die Spaltung oder Zusammenlegung von Betrieben und Betriebsteilen im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz erfolgt. Geht ein Betrieb durch Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung unter, so bleibt dessen Betriebsrat so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist.

Die Mitgliedschaft der einzelnen Mitglieder im Betriebsrat erlischt durch

  • Ablauf der Amtszeit oder
  • Niederlegung des Betriebsratsamtes oder
  • Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder
  • Verlust der Wählbarkeit oder
  • Ausschluss aus dem Betriebsrat oder Auflösung des Betriebsrats aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung oder
  • gerichtliche Entscheidung über die Feststellung der Nichtwählbarkeit nach Ablauf der in § 19 Abs. 2 BetrVG bezeichneten Frist, es sei denn, der Mangel liegt nicht mehr vor.

Ist ein Mitglied aus dem Betriebsrat ausgeschieden, rückt ein Ersatzmitglied nach.

 


dd. Organisation des Betriebsrat

Die Mitglieder des Betriebsrates sind ehrenamtlich tätig. Sie sind von ihrer Arbeitstätigkeit freizustellen, soweit dies erforderlich ist. Dies gilt auch für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen. Besteht der Betriebsrat aus mehreren Mitgliedern, so ist von diesen ein Vorsitzender und sein Stellvertreter zu wählen. Der Vorsitzende vertritt den Betriebsrat nach außen und nimmt an den Betriebsrat gerichtete Erklärungen entgegen. Er beruft die Sitzungen des Betriebsrat ein, legt die Tagesordnung fest und leitet die Verhandlung. Ihm oder einem anderen Betriebsratsmitglied kann bei Betriebsräten unter neun Mitgliedern von den anderen Mitgliedern die Führung der laufenden Geschäfte übertragen werden.

Betriebsräte mit neun oder mehr Mitgliedern müssen für die Führung der laufenden Geschäfte einen Betriebsausschuß bilden. In Betrieben mit mehr als 100 Arbietnehmern kann der Betriebsrat Fachaussschüsse bilden oder bestimmte Aufgaben auf Arbeitsgruppen übertragen.

Der Betriebsrat trifft seine Entscheidung in nicht öffentlichen Sitzungen. Der Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt; Stellvertretung durch Ersatzmitglieder ist zulässig. Die Entscheidungen werden durch Mehrheitsbeschluß gefällt. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.

Die durch die Tätigkeit des Betriebsrates entstehenden Kosten sind vom Arbeitgeber zu tragen.

Die Mitglieder des Betriebsrates dürfen in der Ausübung ihrer Betriebsrattätigkeit nicht gestört oder gehindert und deswegen nicht benachteiligt oder bevorzugt werden. Ein Verstoß kann zur Strafverfolgung führen.

Betriebsratmitglieder dürfen nur mit Zustimmung des Betriebsrat versetzt werden, wenn sie nicht selbst mit der Versetzung einverstanden sind. Die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist unzulässig; die außerordentliche Kündigung bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.

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ee. Beteiligungsrechte des Betriebsrates

Der Betriebsrat hat Beteiligungsrechte im Betrieb des Arbeitgebers. Diese werden nachfolgend in sechs Stufen dargestellt, wobei mit dem schwächsten Recht begonnen wird:

  • Unterrichtungs-(Informations-)recht – z. B. hinsichtlich des Personalbedarfs, der künftigen Personalplanung, aber auch hinsichtlich der Planung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Betriebsräumen
  • Anhörungs- bzw. Vorschlagsrecht – z. B. bei der Personalplanung und bei der Kündigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber
  • Beratungsrecht – Hinsichtlich der Beilegung strittiger Fragen und – in Unternehmen mit mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern – bei Betriebsänderungen
  • Widerspruchsrecht -z. B. bei Kündigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber
  • Zustimmungsverweigerungsrecht – z. B. über die Erstellung von Personalfragebögen oder – in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern – bei Einstellung eines Arbeitnehmers
  • Mitbestimmungsrecht – in sozialen Angelegenheiten, sofern eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, betreffend
    • Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb (z. B. Verlassen des Betriebs während der Pausen, Einführung eines Werkausweises)
    • Lage der Arbeitszeit (z. B. Verteilung auf die einzelnen Wochentage, Beginn und Ende der Arbeitszeit an den jeweiligen Tagen, Einführung oder Abschaffung von Gleitzeit)
    • vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit (Kurzarbeit) oder Verlängerung der Arbeitszeit (Überstunden)
    • Festlegung von allgemeinen Urlaubsgrundsätzen oder des Urlaubsplans, sofern zwischen Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern keine Einigung zu erzielen ist
    • Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (z. B. Anschaffung eines Kopierers mit persönlicher Code-Nummer)
    • Zeit (Fälligkeit), Ort (Erfüllungsort) und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte betreffend die Gestaltung der Arbeitsentgeltes (sowie der Zulagen und Vergünstigungen), wobei sich das Mitbestimmungsrecht gemäß Rechtsprechung auf die gerechte Verteilung der Leistung beschränkt (Topftheorie) und Leistungsentgelte (Akkordlohn, Abschlußprovision)
    • die Durchführung der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und des Gesundheitsschutzes
    • Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen (z. B. Betriebskantine, Pensionskasse)
    • Vermietung oder Kündigung von Werkmietwohnungen
    • die Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens (z. B. Verteilung von Vergütungen für Verbesserungsvorschläge)
    • die Grundsätze der Durchführung von Gruppenarbeit

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ff. Beteiligungsrechte des Betriebsrat in personellen Angelegenheiten

Führt der Arbeitgeber eine Personalplanung durch, hat er den Betriebsrat hierüber rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und mit ihm über Art und Umfang der durchzuführenden Maßnahmen zu beraten.

Will der Arbeitgeber einen Arbeitplatz besetzen, kann der Betriebsrat verlangen, daß eine Stellungausschreibung im Betrieb vorgenommen wird. In Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat für die Einstellung eines Bewerbers seine Zustimmung verweigern, wenn der Arbeitgeber die zu besetzende Stelle vorher nicht betriebsintern ausgeschrieben hat.

Für

  • die Einführung oder Änderung von Personalfragebögen,
  • die persönlichen Angaben in Arbeitsverträgen,
  • die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze,
  • die Einführung von Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen

bedarf der Arbeitgeber der Zustimmung des Betriebsrates. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Schlichtungsstelle.

Hinsichtlich der Berufsbildung hat der Betriebsrat ein Beratungsrecht. Hat der Arbeitgeber Maßnahmen geplant oder durchgeführt, die dazu führen, dass sich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer ändert und ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllen ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichen, hat der Betriebsrat ein Initiativrecht bei der Einführung von Berufbildungsmaßnahmen. Auch bei der Durchführung der Berufsbildung hat er ein Mitbestimmungsrecht. Ferner hat er darauf zu achten, daß den Arbeitnehmern die Teilnahme an der Berufsbildung ermöglicht wird. Er kann der Bestellung der mit der Berufsbildung beauftragten Person widersprechen oder ihre Abberufung verlangen.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung, die länger als einen Monat andauert, zu unterrichten, ihm die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Der Betriebsrat kann die Zustimmung binnen einer Ausschlußfrist von zwei Wochen unter Angabe von Gründen verweigern, wenn

  • die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
  • die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde oder
  • die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten oder
  • der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist oder
  • eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
  • die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.Nach Fristablauf gilt die Zustimmung als erteilt. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, darf der Arbeitgeber die personelle Maßnahme nicht bzw. nur ausnahmsweise vorläufig bei Vorliegen dringender Gründe umsetzen.

Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die konkreten Gründe für die Kündigung mitzuteilen und ihn hierzu anzuhören. Eine ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, unabhängig davon, ob Kündigungsschutz besteht. Gleiches gilt, wenn die Anhörung verspätet oder mangelhaft erfolgte. Eine Heilung, z. B. durch nachträgliche Anhörung des Betriebsrats ist nicht möglich.

Hat der Betriebsrat Bedenken gegen die Kündigung, so hat er diese bei einer außerordentlichen Kündigung dem Arbeitgeber spätestens innerhalb von drei Tagen, bei einer ordentlichen Kündigung hingegen innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen.

Einer ordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat innerhalb einer Woche widersprechen, wenn

    • der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat oder
    • die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 BetrVG verstößt,
    • der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,

die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder

  • eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

 

Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung widersprochen und hat der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage eingereicht, so hat er bis zum rechtskräftigen Abschluß des Prozesses einen Weiterbeschäftigungsanspruch.

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gg. Die Betriebsvereinbarung

Betriebsrat und Arbeitgeber können zwischen ihnen getroffene Abreden, die den Betrieb betreffen, in einer Betriebsvereinbarung fixieren. Diese erzeugt unmittelbar Rechte und Pflichten zwischen allen im Betrieb noch tätigen Arbeitnehmern – außer den leitenden Angestellten – eines Betriebes und deren Arbeitgeber.

Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Gegenstand einer Betriebsvereinbarung kann nicht sein, was bereits durch Tarifvertrag geregelt ist oder üblicherweise geregelt wird (Tarifvorbehalt). Gegenstand einer Betriebsvereinbarung können jene Fragen sein, in denen der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat. Auf Rechte des Arbeitnehmers, die durch eine Betriebsvereinbarung begründet wurden, kann arbeitsvertraglich nur mit Zustimmung des Betriebsrat verzichtet werden. Arbeitsvertraglich vereinbarte Regelungen, die für den Arbeitnehmer günstiger sind als die Regelung in der Betriebsvereinbarung, sind hingegen ohne weiteres wirksam. Rechte des Arbeitnehmers, die durch betriebliche Übung entstanden sind (z. B. vorbehaltlose Zahlung von Weihnachtsgeld über drei Jahre hinweg) können mit Blick auf das im Arbeitsrecht geltende Günstigkeitsprinzip nicht mittels Betriebsvereinbarung abgeschafft werden. Betriebsvereinbarungen, die nicht schriftlich abgefaßt sind, oder die Regelungen zu Fragen enthalten, die üblicherweise tarifvertraglich regelt werden oder schon tarifvertraglich geregelt sind, sind nichtig.

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hh. Die Regelungsabrede

Betriebsrat und Arbeitgeber können auch eine sog. Regelungsabrede über zwischen ihnen zu regelnde Fragen treffen. Die Regelungsabrede ist gesetzlich nicht erfaßt, aber ein anerkanntes Regelungsinstrument. Da sie gesetzlich nicht vorgesehen ist, entwickelt sie jedoch keine unmittelbare Wirkung gegenüber den Arbeitnehmern, sondern wirkt selbst nur zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Angelegenheiten, die durch eine Betriebsvereinbarung zu regeln sind, können nicht Gegenstand einer Regelungsabrede sein.

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c. Die Betriebsversammlung

Die Betriebsversammlung besteht aus den Arbeitnehmern eines Betriebes und dient in erster Linie dazu, die Arbeitnehmer zu informieren. Sie ist nicht öffentlich.

Besteht ein Betriebsrat, so hat er vierteljährlich eine Betriebsversammlung einzuberufen und ihr einen Tätigkeitsbericht zu erstatten.

Der Arbeitgeber ist zu den Betriebsversammlungen einzuladen. Er ist berechtigt, in der Betriebsversammlung zu sprechen.

Auf Wunsch eines Viertels der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers hat der Betriebsrat eine Betriebsversammlung einzuberufen und den beantragten Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung zu setzen.

Der Arbeitgeber hat mindestens einmal im Jahr der Betriebsversammlung einen Lagebericht zu geben.

Die Betriebsversammlung kann dem Betriebsrat keine Weisungen erteilen, sie kann ihm jedoch Anträge unterbreiten und zu seinen Beschlüssen Stellung nehmen.

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d. Der Wirtschaftsausschuß

In allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern und einem Betriebsrat ist von diesem ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Er hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.

 


e. Die Einigungsstelle

Die Einigungsstelle entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Sie wird entweder bei Bedarf oder als ständige Einrichtung gebildet. Sie besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden.